6 At first, I understood only train station...

...But now I know how the bunny runs! Diesmal: Meine upgedateten Kurse, mein leben als Halb-Nanny, ein Wiedersehen mit den Wiener-Würstchen aus Kanada, viele kostenlose Sehenswürdigkeiten New Yorks, fliegenden Handys und Stürze aus über 100 Metern Höhe, sowie eine hübsche Sammlung typischer New Yorker Skelette.

 

 

 

Zunächst mal großes SORRY für die Verspätung, aber die letzten drei Wochen waren von null bis 24 Uhr immer prall gefüllt. So prall, dass ich auch locker 30 Stunden voll gemacht hätte (einfach sechs Stunden länger schlafen...).

Das Joghurt-Regal hat angefangen, sich mir zu präsentieren. Jeder Joghurt hat mir einzeln seine Vor- und Nachteile erläutert, manch einer wurde schneller sauer als erwartet, der andere glänzte plötzlich mit unerwarteter Zutatenvielfalt, dafür stellte sich das Behältnis des dritten als ausgesprochen unpraktisch heraus. Schließlich hatte ich einen schönen großen Joghurt-Salat, zu dem sich auch noch ein großer Haufen Quark gesellt hatte. Und nun?

Das Studium

In Deutschland hat noch nicht mal der Unibetrieb angefangen, hier sind wir schon in der vierten Woche. Aber in einem Punkt sind anscheinend alle Unis gleich - bis die zähe Mühle mal zu mahlen beginnt, ist schon fast wieder Weihnachten. Seit meinem letzten Blog-Eintrag habe ich mir über die gescheiteste Zusammensetzung meiner Kurse und ähnlich lebensentscheidende Fragen unzählige Male den Kopf zerbrochen und wieder zusammengeklebt, aber die knapp anderthalb Kilo Eiweiß zwischen meinen Ohren konnten einfach keine zufriedenstellende Entscheidung treffen. Ich hoffe, ab nächster Woche einen endgültigen Stundenplan zu haben, der dann bis Ende Dezember gültig sein wird.

 

Meine Fächer:

Arrangement habe ich wieder abgewählt, weil mir weder der Dozent, noch die übrigen drei Studenten in diesem Kurs besonders vielversprechend erschienen und ich auch kein riesiges Bedürfnis verspürte, alle Arrangements per Hand zu schreiben oder mich in kürzester Zeit in ein Notensatzprogramm einzuarbeiten. Auch den Kurs, in welchem man einen Film über sich drehen sollte habe ich wieder abgewählt, wie auch etwa zwei Drittel der anderen 18 Studenten, die mit mir Angefangen haben. Leider wirkte der Kurs auch nach mehreren Stunden unorganisiert und überfrachtet mit zweifelhaften Leseaufgaben, wobei schon das Filmprojekt allein viel mehr Zeit einnehmen würde, als zwei Credits glauben machen. Immerhin muss man sich mit Kamera, Mikrophonen, gegebenenfalls Licht und Schneidesoftware vertraut machen und natürlich erstmal ein Skript überlegen. Ich weiß aber inzwischen in groben Zügen wie alles funktioniert und wo ich es ausleihen kann, so dass ich mir eine Aufnahme auch ohne Dozentin zutraue (offenbar hätten wir das sowieso außerhalb des Kurses herausfinden müssen). Auch "Composition for Non-Majors", in das ich mal eine Stunde aus Interesse reingeschnuppert habe, belege ich nicht. Schon allein weil der Dozent selbst die Bedenken geäußert hatte, dass bei 10 Studenten und 60 Minuten nicht viele Minuten pro Woche und Student übrig blieben.

 

Es bleiben:

Keyboard Improvisation, in der es um Improvisation in Jazz und Klassik geht. Der Dozent hat keine Ahnung vom Unterrichten (Premiere für ihn) ist aber herzensgut und sehr flexibel und geht auf unsere Wünsche ein. Für morgen, Montag, sollten wir uns eine neue Variation für die Goldbergvariationen überlegen.

Zweimal die Woche Musiktheorie (muss ich belegen). Ich dachte, ich hätte mich in Würzburg erfolgreich herausgewunden, nun holt sie mich doch wieder ein. Wir benutzen hier die absolute Solmisation (Silben do re mi fa so la si do für die C-Dur-Tonleiter), nachdem ich in Würzburg die relative gelernt habe (do = Grundton), und auch das englische Fachvokabular musste ich erst lernen. Inzwischen geht es aber. Die Dozentin ist streng aber gut, wie Professor McGonagall aus Harry Potter.

Dann habe ich noch einen weiteren Improvisationskurs im Ensemble, wo wir eher experimentell und in Richtung Neue Musik zusammen spielen. Wir haben bisher Sprech- und Instrumental-Improvisation gemacht, auch ein bisschen in den Blues hineingeschaut. Das waren interessante, teilweise fast meditative Erfahrungen.

Weiterhin habe ich noch Conducting for Non-Majors (also Nichts-Könner :-)). Leider müssen wir auch aus sämtlichen Schlüsseln und transponierende Instrumente spielen üben. Wenn man das nicht kann eine echte Gehirn-Akrobatik. Ich habe mir auch gleich einen Zauberstab gekauft (der Dirigierstab heißt nicht etwa magic wond, sondern baton!...)

Außerdem natürlich Klavierunterricht, und, ab nächste Woche auch Kammermusik. Ich wurde in ein Holzbläser-Quintett eingeteilt (leider mit Flöte und ohne Horn... was soll das nur werden?) und habe heute erfahren, dass ich in einem Monat auch noch Sänger begleiten soll. Mal sehen ob ich das alles schaffe?!

 

Und sonst so?

Grundsätzlich fühle ich mich hier viel stärker in meine Schulzeit zurückversetzt als in Würzburg. Es gibt in jedem Fach Hausaufgaben, für die man oft sogar in die Bibliothek gehen muss, außerdem regelmäßige Tests und Anwesenheitspflicht. Die Lehre ist, wie überall, sehr stark vom Dozenten abhängig, wobei ich den Unterricht im Durchschnitt auch nicht besser finde als in Deutschland, obwohl die Studiengebühren so hoch sind. David meint dazu, dass man hier einfach für den Abschluss bezahlt. So ganz absurd finde ich diesen Gedanken nicht.

 

Das Gebäude ist sehr funktionell gebaut, jedenfalls wenn man Amerikaner ist. Treppenhäuser sind in den USA anscheinend nicht dafür da, benutzt zu werden. Die ersten Wochen bin ich jedenfalls ausschließlich Aufzug gefahren, weil ich keines gefunden habe. Die neun Stockwerke des Gebäudes, in dem ich mich aufhalte, haben nämlich jeweils alle einen anderen Grundriss, was zu ausführlichen Verirrungen und Verwirrungen führt, vor allem, da es keine Fenster gibt. Ok, ein paar einzelne hier und da schon, aber alle meine Unterrichtsräume, bis auf einen, haben keines. Wo sollen die auch hinführen, wenn rechts und links andere Häuser stehen und an einer Außenwand Aufzug und Toiletten untergebracht sind?

Die Treppe habe ich schließlich doch gefunden. Und trotz des ermutigenden Schildes am Aufzug "Burn Calories, not Electricity" ist es natürlich schwierig eine Treppe zu benutzen, die gesperrt ist, weil gerade der Boden angestrichen wurde, oder die man nicht findet, weil sie hinter einer unscheinbaren Abstellkammer-Tür versteckt ist, oder die (wie in manch anderem Gebäude) hinter verschlossenen Türen versteckt ist. Dass eine Treppe auch eine architektonische Chance sein kann, muss hier erst noch entdeckt werden. 

Da es keine Fenster gibt (und wenn doch, kann man sie meist nicht öffnen) braucht man eine Belüftung. Belüftung heißt in Amerika Klimaanlage. Die kann schonmal auf 63° Fahrenheit runtergehen (17,5°). Zum Glück nicht immer - aber ich nehme mir zur Sicherheit immer etwas Warmes zum Anziehen mit.

 

Das Übesystem

In Würzburg war ich in der Studentengruppe "Übeplanverwaltung" wo wir herumüberlegt haben, wie man einen Übeplan am effektivsten und fairsten gestalten kann. Hier sieht es so aus: Es gibt einen Online-Raumplan, in dem man sich bis zu 36 Stunden im Voraus für maximal sechs Stunden eintragen kann. Zwei vor 11 a.m. (7:30 a.m. öffnet das Gebäude), zwei zwischen 11 a.m. und 9 p.m. und zwei danach (Ladenschluss ist um Mitternacht bzw. um 11 Uhr am Samstag). Buchen kann man immer nur volle Stunden, und wer mehr als zehn Minuten zu spät ist, verliert sein Überecht. Auch die Dozenten sind an den Plan gebunden. Findet man freie Räume, kann man aber auch zwischendurch üben, und wenn man sich ein bisschen anstrengt, gelingt das auch, es gibt sogar eine Etage mit Überäumen. Die Qualität der Instrumente ist mittelmäßig, deutlich besser als in St. Petersburg, im Durchschnitt etwas weniger gut als in Würzburg. Aber ich habe schon so meine Buchungsstrategien, wie ich an gute Instrumente komme und übe im Moment regelmäßig auf einem Yamaha C7 (der ist ziemlich gut und eine echte Steinway-Konkurrenz).

 

Die Leute

Eine recht vielversprechende Freundin und einige nette Bekannte habe ich schon gefunden. Die Freundin heißt Juliann, ist Taiwanesin in der zweiten Generation und unterhält sich am Telefon mit ihrer Mutter in einem Gemisch aus Chinesisch und Englisch, das ziemlich lustig klingt. Sie wechselt mitten im Satz dreimal die Sprache ("was halt schneller herauskommt"). Studiert hat sie in Stanford, Paris und an der Juilliard School Klavier. Entsprechend ambitioniert und ungeduldig ist sie auch mit den Fächern und vor allem sich selbst, aber sie ist sehr herzlich und offen, hat vernünftige Gedankengänge und ist nicht so langsam. Ansonsten wimmelt es natürlich von Künstlern und Köpfen, wie das halt so ist bei den "Performing Arts", und auch hier gibt es erwartungsgemäß viele asiatische Studenten und vor allem -innen. Allerdings muss man aufpassen - nicht alle sind "Ausländer" nach Definition wie ich einer bin, was man spätestens merkt, wenn sie den Mund auf machen - viele sind auch Amerikaner und in Amerika aufgewachsen wie Juliann.

 

Demnächst

sind dann schon die ersten Auftritte. Am 4. November spiele ich drei Liszt-Transkriptionen [sofern ich sie bis dahin geübt habe] von Liedern, welche ich dann auch noch begleiten soll, zwei von Schubert, eines von Chopin. Außerdem gibt es in ähnlichem Zeitraum ein Kammermusik-Konzert. Und am 25. Februar spiele ich in der Deutschen Botschaft - Reger... Leider hat er nämlich nächstes Jahr seinen 100. Todestag, was die unvermeidlichen Gedenkkonzerte nach sich zieht. Aber es schadet sicher nicht, den deutschen Consulate Officer von New York zu kennen. Im März wäre dann noch ein Solokonzert-Wettbewerb, wo ich die Paganini-Variationen von Rachmaninov spielen müsste. Ich hadere noch, denke aber im Moment, dass ich eher nicht teilnehmen werde. Es hat nämlich schon letztes jahr eine deutsche Klavierstudentin von Prof. Rose gewonnen, außerdem würde das Üben viel Zeit in Anspruch nehmen, die ich nicht für Solo-Repertoire nutzen könnte, obwohl ich gerne mal neue Sachen üben möchte. Das werde ich demnächst endgültig entscheiden.

Die Familien-WG

Wie von Franzipopanzi gewünscht, hier eine Zustandsbeschreibung meiner Wohnsituation: Rechts von mir steht eine Puppenküche, vor mir ein grüner Hochstuhl, links ein großer Haufen noch nicht aussortierte Unterlagen, hinter mir ein ziemlich kitschiger, leerer Wandschrank (der bald auf die Straße gestellt werden soll) und über mir schläft Eliana im Kinderbettchen.

Und etwas ausführlicher:

 

Meine Host-Family

besteht aus Friederike aus Finsterwalde (30) ihrem jamaikanisch-amerikanischen Mann Gary (36) und dem zuckersüßen Milchschokoladenhäschen Eliana (3). Wir wohnen auf zwei Stockwerken, im 4. und 5. Stock in der 131. Straße in East Harlem und haben ein Wohn-Esszimmer mit Küche, zwei Badezimmer und zwei Schlafzimmer, sowie ziemlich viele Wandschränke. Eines der Schlafzimmer ist meines, stilvoll eingerichtet mit Kommode, großem Bett und zwei Fenstern (wegen der Feuerleitern außem am Haus allerdings ziemlich zugegittert). Eliana wächst zweisprachig auf (und hat damit meinen lebenslangen Neid sicher), und Mama Friederike wünscht sich natürlich, dass ihr Deutsch auch ähnlich perfekt wie ihr Englisch wird. Deshalb kommt eine deutsche Mitbewohnerin, die zusätzlich auch noch Babysitten und Haushaltsaufgaben ereldigen kann, gerade recht. Eliana musste sich erstmal daran gewöhnen, dass sie nun nicht mehr das Zentrum des Universums ist, sondern Mama und Daddy ab und zu mit einer anderen Person reden. Da beide meist versetzt arbeiten, waren sie nämlich häufig mit dem Kind allein.

 

Meine Arbeit

besteht ganz grob aus ungefähr zweimal die Woche abends Babysitten, den Abwasch machen wenn ich nach Hause komme (es gibt keine Spülmaschine) und mich am Haushalt beteiligen. Friederike ist sehr geduldig mit meinem bisher recht chaotischen Leben und auch tolerant, was meine Arbeits-Zeit angeht. Zitat: "Ich war auch mal Austausch-Schülerin und bin der Gastfamilie bis heute dankbar, und möchte das selbst auch weitergeben." und "Hauptsache, du fühlst dich wohl und es geht dir gut." Das finde ich sehr schön! Dennoch mache ich mich nützlich wo ich kann, aber ich bin halt nicht zu Hause wenn ich nicht gebraucht werde, da ich hier (außer Blog schreiben) fast nichts arbeiten kann.

Aber ich schätze mich sehr glücklich für die Möglichkeit, hier zu wohnen, denn es macht mein Studium in New York überhaupt erst möglich, und es ist sicher ganz gesund, aus der Käseglocke der Uni austreten zu können und ab und zu mit normalen Menschen zu sprechen.

 

Und es ist interessant, eine Familie beim "Sein" zu beobachten. Wie es aussieht, wenn abends nach acht Uhr die Haustür zufällt oder morgens, wenn man gerade aufgestanden ist. Wenn Friederike ihre Schimpf-Stimme bekommt oder Eliana ihr Trotz-Geschrei anstellt. Und für mich ist es spannend, mal wieder mit der wenig rationalisierten Altersgruppe der Kleinkinder zu tun zu haben, wo ich mich ja tendentiell im besten gebärfähigen Alter befinde. Im Augenblick bin ich aber noch ganz froh, wenn ich das Trotzkind irgendwann wieder abgeben darf und habe außerdem den Eindruck, zwei Kinder sind besser als eines, dann haben sie einen Spielgefährten und müssen nicht dauernd vor dem Fernseher abgestellt werden. Eliana geht übrigens seit neuestem in die "Schule", wo sie bis 16:30 bleibt. Sie sieht sehr niedlich aus in ihrer Schuluniform. Die Kinder werden hier viel früher mit Wissen gefüttert, das nimmt schon fast asiatische Züge an. Wer in die besseren Schulen kommen möchte, muss Prüfungen bestehen. Am besten also, man kann schon als zweijähriger zählen, rechnen und buchstabieren. Der Sinn erschließt sich mir nicht - ein gewisser Altersgenossen aus meinem Verwandtenkreis wurde mit sieben eingeschult, entwickelte "dennoch" recht überdurchschnittliche Fähigkeiten auf diversen Gebieten und macht nun mit gerade 24 seinen ersten Doktor.


Es gab übrigens ein Wiedersehen mit den Wiener Würstchen aus Kanada, die dort für 7 Dollar angeboten wurden. In meinem neuesten Lieblingssupermarkt (weil günstig) gab es drei Stück für zwei Dollar und eine für 89 Cent. Ich musste sie leider einfach kaufen. Dieses Formfleisch als Wiener Würstchen zu bezeichnen ist etwa so, wie wenn man den Fleischklumpen eines Burgers von Mc Donalds als Hacksteak bezeichnen würde. Sie sind geschnitten, haben keine Haut und schmecken nach äußerst merkwürdig gewürztem, minderwertigen Presssack. Das "Sauerkraut" und die "Pretzels", die hier verkauft werden, probiere ich dann lieber nicht.

Was New York zu bieten hat

Anfang September hat mich mein Bruder für fast zwei Wochen hier besucht, als er auf dem Rückflug von Austin war, wo er ein Jahr lang Physik studiert hat. Als er vor über einem Jahr mit seiner Amerika-Planung in den letzten Zügen lag, hatte meine Würzburger Lieblingsprofessorin mir gerade die Idee ins Hirn gepflanzt, dass ich doch auch nochmal das Weite suchen sollte solange ich noch kann, und zwar am besten in den USA. Damals dachte ich schon halb im Scherz, dass David und ich uns dann sozusagen zu Hause ablösen würden, damit wir unsere Eltern nicht so lange allein lassen. Jetzt ist es tatsächlich so gekommen. Und wer weiß was David plant, wenn ich wieder zurück komme.

Ich habe mich also bemüht, mit nur zwei Beinen den Spagat zwischen meinen Universitären Pflichten, meinem Bruder und den zarten Pflänzchen neu entstehender Freundschaften zu schaffen, die ich nicht zwei Wochen lang ungegossen sehen wollte (da wären sie ja allesamt wieder eingegangen). Aber Schlaf wird ja bekanntlich überbewertet.

New York hat so viel zu bieten, was wenig oder nichts kostet, wenn man die Stadt kennenlernen will. Ja es scheint fast so, als würden die ganzen Touristenattraktionen künstlich geschaffen, damit die Menschenmassen irgendwo ihr Geld ausgeben können!

Die berühmten Plätze draußen sind alle natürlich kostenlos. Der berühmte Times Square mit seinen hunderten, riesengroßen Werbebildschirmen, Union Square Downtown Manhatten, in dessen Nähe meine Uni liegt, die Fifth Avenue mit ihren vielen Geschäften und Häuserschluchten (und unter anderem dem Empire State Building), der Central Park, die Brooklyn Bridge, der wunderbare Strand in Brooklyn, zu dem man recht bequem mit der Metro fahren kann. Es gibt sogar eine kostenfreie Fahrt mit der Fähre zu Staten Island, einem der Stadtteile und frühere Müllhalde New Yorks (unter anderem liegt dort der Schutt der beiden gefallenen World Trade Center), von der aus man einen tollen Blick auf die Freiheitsstatue und Manhatten hat. Wozu soll man 20 Dollar für die Fähre zur Freiheitsstatue bezahlen, wenn man kostenlos daran vorbeifahren kann?


Ein bisschen Geld sollte man aber schon dabei haben. Zum Beispiel um auf dem East River mit der Fähre unter den ganzen Brücken hindurch zu fahren. David und ich sind leider zu früh ausgestiegen, weil uns der Schiffsmensch etwas Falsches gesagt hat. So landeten wir in Brooklyn in dem Viertel wo die orthodoxen Juden leben. Ich habe mich nicht getraut, ein Foto zu machen, aber ich fühlte mich wie im Film. Tatsächlich waren alle sehr traditionell gekleidet, die Kinder mit Kleidchen und Anzügen, die Frauen mit langen Röcken, die Männer ebenfalls mit Anzügen, (Fell-)Hut und den speziellen Haarlocken. Auf diese Weise sind wir wenigstens ein bisschen durch Brooklyn spaziert (unter anderem auf einem Gehsteig, der an einer unpassierbaren Schnellstraße einfach endete), bis wir zur berühmten Brooklyn-Bridge kamen.

Ordentlich zu Buche schlagen auch die Aussicht auf einer der Plattformen oder Museen. Unter 20, manchmal unter 30 Dollar kommt man dort nicht rein und rauf. Und schließlich waren wir noch in einem Freizeitpark mit den krassesten Achterbahnen, die ich je gesehen und bestiegen habe - unter anderem einer, bei der man mit über 200 km/h abgeschossen wird, um anschließend 126 Meter freien Fall zu erleben.

 

Da Worte nur ein blasser Abklatsch von Bildern sind, kommt der genauere Bericht in einer kleinen Fotoshow.

Wir waren auch am Ground Zero und im 9/11 Memorial Museum. Ich habe zwar Bilder vom Denkmal gemacht, fände es aber unangebracht, sie hier hochzuladen. Ich hatte mir auch keine angesehen bevor ich hingegangen bin. Am besten, man kommt selbst her und schaut es sich an. Das Denkmal besteht aus den Negativen, sozusagen den "Fußabdrücken" der ehemaligen Türme, die in sehr eindrücklicher Weise installiert sind, und der Name eines jeden Opfers ist sichtbar.

Auch im zugehörigen Museum waren wir, welches an das Fundament der Türme angebaut ist und viele Originalteile enthält. Stahlträger, ganze zerstörte Fahrzeuge, Schuhe, Notitzen, Telefone...

Es ist ein sehr merkwürdiges Gefühl, durch ein Museum zu gehen, dessen Ausstellungsobjekte nicht der längst vergangenen Geschichte entstammen, sondern die jünger sind als man selbst. Scheinbar belanglose Gegenstände können plötzlich zu Zeitzeugen der Geschichte werden. Obwohl David und ich mehrere Stunden drin waren, haben wir höchstens die Hälfte ansehen können. Im Museum ist es wahnsinnig kalt und die Stimmung gedrückt, es stehen sogar Taschentuchspender bereit. Man kann sich Nachrichten anhören, die Menschen aus den Flugzeugen ihren Angehörigen auf die Mailbox gesprochen haben und Berichte und Fotos von Zeugen sehen. Videos aus Überwachungskameras wie aus einem Fantasy-Film, wo Menschen vor einer rasend schnellen, düsteren Staubwolke davonrennen.

Ich muss irgendwann nochmal reingehen und mir den Rest ansehen.

Schließlich waren David und ich noch einen Tag lang in einem Freizeitpark mit krassen Achterbahnen, weil David es sich gewünscht hat. Der Eintritt kostet so viel wie eine Karte zu einer Broadway-Show... Wir sind nur Achterbahnen gefahren, von denen es dort auch massig gibt: Eine riesige Holzachterbahn, eine mit zahlreichen Loopings, eine, die man im Stehen fährt (sehr unangenehm...). Schließlich eine mit Spezial-Erlebnis, das auch buchstäblich ins Auge hätte gehen können - Auf halber Strecke, in geschätzt 60 Metern Höhe, flog uns ein Smartphone entgegen! Es verfehlte uns zum Glück deutlich und war für den fahrlässigen Besitzer vermutlich verloren, da kaputt und unfindbar außerhalb des Parks in gesperrter Zone im Gras verschwunden. Viele Leute wollen ihre Achterbahnfahrt filmen. In dem Fall sollte man sein Telefon einfach gut festhalten können oder festbinden, damit man nicht den Hintermann damit bewusstlos schlägt...

Und schließlich gab es noch die Kingda Ka, die zweitschnellste und höchste Achterbahn der Welt, für die wir trotz kühlem Wetter unter Ventilatorengebläse anstehen mussten. Auf gerader Strecke wird man quasi "abgeschossen" und innerhalb von 3,5 Sekunden auf 206 km/h beschleunigt. Da pumpt das kleine Herzchen, wenn man auf den Start wartet!!

Am Ende fährt man senkrecht auf 139 Meter hoch, um anschließend senkrecht und in Schrauben wieder herunterzufahren. Die Aussicht konnte ich leider nur ganz kurz genießen. In der Achterbahn wirken bis zu 4,5 g auf den Körper. Zum Vergleich: Auf dem Boden stehen bedeutet 1 g, eine Schaukel hat ca. 2,5 g. 4,5 g sind angeblich so viel wie etwa bei einem Raketenstart - allerdings in der Achterbahn natürlich erheblich kürzer.

Die Fahrt dauert ganze 28 Sekunden. Übrigens schafft es die Bahn nicht immer über die Kuppe. Dann rollt sie halt wieder zurück und versucht es nochmal.

Zum Schluss gibt es noch eine kleine Bilderserie aus Skeletten, die sich teilweise Tag für Tag selbst zerlegen und immer weniger werden. Viel Vergnügen!

Der nächste Blog-Eintrag kommt nicht erst in einem Monat, versprochen! Nächstes Mal werde ich ein bisschen von der U-Bahn berichten, wie sie funktioniert oder auch nicht, und was man dort alles zu sehen und hören bekommt. Hier sieht man, was New York und seine Bewohner wirklich ausmacht. Es gibt zwar kaum Fußgängerzone, dafür aber die Metro!

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Kommentare: 3
  • #1

    Michael (Montag, 28 September 2015 21:03)

    Anne,
    ich dachte schon, Du hättest eine Schreibblockade und ich wär schuld mit meinen flapsigen Bemerkungen beim letzten Mal. Aber es ist ja alles gut. Und dass die Amis auch nur mit Wasser kochen beruhigt. Ansonsten genieße den Herbst (Indian Summer ?), der Winter kann nämlich in NY ziemlich übel werden.
    Liebe Grüße
    Michael

  • #2

    Hartwig (Dienstag, 29 September 2015 08:27)

    Hallo Anne,
    prima Deine ausführliche Berichterstattung!
    Liszt-Transskription? Kannst Du mit meinen Noten etwas anfangen, die Du aus HH mitbekommen hast?
    Wenn ja, dann freue ich mich schon jetzt auf die 1. Einspielung.
    Liebe Grüße von allen hier aus Seevetal/ b. Hamburg
    Hartwig

  • #3

    Fish (Mittwoch, 30 September 2015 09:25)

    Wie immer wunderbar zu lesen. Teilweise hervorragende Fotos! Danke, dass Du uns an Deinen Erlebnissen teilhaben lässt.
    Übrigens: Das Sauerkraut kannst Du getrost kaufen. Wenn Du es wie in Franken würzt (Lorbeer, Wacholder, Apfel, Kümmel, etc), schmeckt es wie bei Muttern. Und auch manche (!) Brats/Bratwürste sind durchaus genießbar!

    Liebe Grüße vom Fish